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Tatsächlich hatte es meine Mama geschafft,
seit der legendären Europameisterschaft in Schweden 1992 kein
Fußballspiel mehr im Stadion zu besuchen. Nun, gute 33 Jahre
später, sollte sich das während ihres Besuchs bei uns endlich
ändern. Selbstverständlich drückt meine Mutter den Knappen die
Daumen und verfolgt zumindest den Ausgang der Schalker Spiele.
Dementsprechend freute sie sich auf ihr erstes Spiel in der
Arena. Auch Alex sollte beim Topspiel gegen den Reviernachbarn
aus Bochum ihr Comeback in der Kurve feiern. Mit gut sechs
Monaten war Lynn alt genug, um sich an diesem Samstagabend von
ihren anderen Großeltern ins Bett bringen zu lassen. So brachen
wir drei ziemlich zeitig nach Gelsenkirchen auf, parkten abseits
der offiziellen Parkplätze und trafen vor der Nordkurve auf Flo
und Andre. Standesgemäß begleiteten frische Mantaplatten unsere
jeweiligen Updates, ehe es endlich ins Innere der Donnerhalle
ging. Dabei kann ich mir nur im Entferntesten vorstellen, wie
sich ein erster Blick in eine moderne Arena dieser Größenordnung
anfühlt. Nach über 700 Besuchen in Stadien jeglicher Form,
Ausstattung und Größe, erlebe ich dieses Gefühl nur noch bei den
ganz großen oder besonderen Hütten. Letztmalig war das wohl beim
etwas surreal daherkommenden Mercedes-Benz-Stadium in Atlanta
der Fall.
Ihr erstes Spiel durfte meine Mama in der
Kurve bestreiten und nahm dabei sogleich ein Duell zweier
Reviernachbarn und Choreos beider Seiten mit. Die Nordkurve
lehnte ihr Kurvenbild an den letzten Auftritt in Bochum an,
hüllte sich in blau und weiß und feierte die Knappen als „Stolz
des Ruhrpotts“. Mal wieder klappte die Choreo mit ihren
aufwendigen Elementen einwandfrei und machte Lust auf das, was
in den nächsten 90 Minuten wohl kommen würde. Die Bochumer
zelebrierten indes und unterlegt mit einigen Fackeln und Rauch
ihre Stadt mithilfe der früheren Postleitzahl „4630“, die auch
und vor allem durch Herbert Grönemeyers Erfolgsalbum auch
außerhalb Bochums bekannt ist. Sportlich hatten beide Teams
einen ähnlichen Start. Sowohl der VfL als auch der S04 konnten
ein Spiel überzeugend gewinnen und mussten andererseits ein
Ligaspiel enttäuschend abgeben. In den Pokalspielen des
vergangenen Wochenendes ging es für beide Teams in den Osten, wo
man sich jeweils nur mit Ach und Krach durchsetzen konnte.
Die erste Hälfte des brisanten Duells war
phasenweise sehr intensiv. Einerseits waren da gute Schalker
Möglichkeiten und Abschlüsse, die gerne zum Erfolg hätten führen
dürfen. Vitalie (5.) und Timo Becker (17.) scheiterten denkbar
knapp aus der Distanz. Antwi-Adjei vergab in der Nachspielzeit
frei vor Horn. Bochum brachte ich sich dank des VARs ins Spiel,
der mal wieder wenig nachvollziehbar nach gefühlten Stunden
irgendwoher einen Handelfmeter für die Gäste aus dem Ärmel zog.
Die berechtigte Wut konnte Karius mit seiner Parade gegen Vogt
in Ekstase verwandeln (25.). Leider wurde die Begegnung, bis auf
die angesprochenen Höhepunkte, stimmungstechnisch von beiden
Lagern ordentlich verschlafen. Lediglich in den letzten 25
Minuten war Feuer drin. Der VfL ging in einer schwachen Schalker
Phase mit 1:0 in Führung (65.). Wenn auch wohl etwas zu spät,
schaffte Muslic per Wechsel Abhilfe. Schalke war nun endlich
voll da. Der eingewechselte Neueinkauf Porath schickte den Ball
nach einer Ecke aufs Tor. Kurucay fälschte unhaltbar ab und ließ
die Arena beben (79.). Als Lasme vier Minuten später tänzelnd
vor Horn zum 2:1 vollendete, war das Comeback geglückt. Jawoll!
Schalke zwei – Bochum eins! So darf es gerne weitergehen.
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